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Interview zum Wohnungsmarkt in Cuxhaven

Die Meinung der Geschäftsführung zum Wohnungsmarkt in Cuxhaven als Interview in den Cuxhavener Nachrichten

Wie viele Mietwohnungen hat die Siedlung Cuxhaven aktuell im Bestand und wie viele davon stehen dem Markt zur Verfügung?

Miesner: Wir haben in unserem Bestand knapp 3000 Wohnungen in Cuxhaven, die überwiegend bis zum Ende der 60er-Jahre gebaut wurden. Danach wurde kaum neu gebaut und auch jahrelang nicht ausreichend in die Wohnungen investiert. Als ich die Gesellschaft 2012 übernommen habe, hatten wir 600 Wohnungen im Leerstand, keine davon war vermietbar, weil sie zum Teil nicht einmal mehr Heizungen hatten. Seitdem haben wir viel modernisiert und dann preiswert dem Markt zur Verfügung gestellt. Ende des Jahres 2021 hatten wir einen Leerstand von etwa 100 Wohnungen. Das ist der Teil, den wir zur Vermietung wieder aufbereiten und sanieren. Grundsätzlich sanieren wir im Jahr zwischen 250 und 300 Wohnungen – das reicht von energetischer Sanierung bis zur Modernisierung der Badezimmer, neuer Heizungsanlagen oder der barrierearmen Renovierung.

In der Lehfeldstraße sanieren Sie gerade mehrere Wohneinheiten, habe ich gesehen.

Miesner: Genau, das sind Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen, die Anfang Mai bezugsfertig werden, das sind voll modernisierte Wohnungen.

Brand-Schönau: Wir nehmen in diesem Fall die Wohnblöcke und versetzen sie in den Rohbauzustand, um dann von Grund auf zu sanieren. Das haben wir inzwischen in weiten Teilen im Lehfeld systematisch gemacht zuletzt in der Lehfeldstraße 36 bis 50 oder der Karpfangerstraße 2 bis 16. Aktuell geschieht dies in der Lehfeldstraße 30 bis 34 und der Karpfangerstraße 18 bis 22. Das sind jeweils 18 – 30 Wohneinheiten je Wohnblock, die nach der Sanierung zur Verfügung stehen. Die stellen wir aber nicht alle einzeln im Internet dar, sondern bieten zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Modernisierung diese Wohnungen exemplarisch an.

Miesner: Ein großes Thema sind barrierearme Wohnungen, in der Wernerstraße haben wir rollstuhlgerechte Wohnungen geschaffen, indem wir die Gebäude von hinten über den Innenhof erschlossen haben, genauso wie im Elfenweg. Wir planen das für weitere unserer Wohnungen. Wohnen im Alter ist in Cuxhaven ein großes Thema und wir haben als Wohnungsgesellschaft ein großes Interesse daran, dass unsere Mieter ihr Leben lang bei uns wohnen.

Brand-Schönau: In Einzelfällen arbeiten wir beispielsweise auch mit den Krankenkassen zusammen, wenn es darum geht, ein Badezimmer barrierearm umzugestalten.

Miesner: Das ist etwas, was unsere Mieter sehr schätzen, dass sie den direkten Zugriff auf unser Unternehmen und unsere Handwerker haben. Das unterscheidet uns auch von kommerziellen Anbietern: Wir haben eine eigene technische Abteilung, die sich um solche Umbaumaßnahmen kümmert. Inzwischen wollen wegen dieses Service viele Menschen bei uns wohnen – anders als noch 2012, als die Siedlung nicht als so attraktiv wahrgenommen wurde.

Was für Wohnungen haben Sie in Ihrem Bestand?

Miesner: Das reicht von der Einzimmerwohnung bis zu Häusern, der Schwerpunkt liegt bei den Ein- bis Vierzimmerwohnungen. Die größte Nachfrage verzeichnen wir bei den Zwei- und Dreizimmerwohnungen. Man kann sagen, dass etwa ein Drittel der Interessenten nach Zweizimmerwohnungen fragt, ein weiteres Drittel nach Dreizimmerwohnungen und ein Sechstel nach Ein- und Vierzimmerwohnungen. In Einzelfällen finden wir aber auch andere Lösungen. Während der Flüchtlingskrise brauchten wir beispielsweise eine Lösung für eine Familie mit sieben Kindern, da haben wir dann zwei Wohnungen zusammengelegt, sodass wir acht Zimmer anbieten konnten.

Mir ist aufgefallen, dass gerade die Wohnungen im Lehfeld mit rund 70 Quadratmetern und drei Zimmern nicht die größten sind. Welche Quadratmeterzahl wird denn am häufigsten nachgefragt?

Miesner: Wir müssen als städtisches Wohnungsbauunternehmen die Größenbeschränkungen für staatlich geförderten Wohnraum beachten. Die liegen für eine Person bei 50 Quadratmetern, für zwei Personen bei 60 Quadratmetern, für drei Personen bei 75 Quadratmetern und dann kommen für jede weitere Person zehn Quadratmeter hinzu. Das decken wir mit unserem Angebot ab. Und wir gestalten auch unsere Mieten preislich so, dass die Mieten auch vom Jobcenter übernommen werden können. Deshalb kostet der Quadratmeter bei der Siedlung in der Neuvermietung rund sechs Euro.

Wie viele Sozialwohnungen haben Sie im Bestand?

Miesner: Wir haben unseren Bestand jetzt um 400 Sozialwohnungen aufgestockt und verfügen insgesamt über 500 Sozialwohnungen.

Brand-Schönau: Die Sozialwohnungen machen bei insgesamt 3000 Wohnungen gut 17 Prozent unseres Bestandes aus.

Miesner: Wir halten es als kommunale Wohnungsgesellschaft aber für wesentlich nicht nur Menschen im Jobcenter-Bezug preisgünstigen Wohnraum anzubieten. Wir haben in Cuxhaven viele Menschen, die zwar in Lohn und Brot stehen, aber nicht ganz so viel verdienen. Denen wollen wir eine Heimat bieten, in der sie sich wohl fühlen. Das gelingt uns beispielsweise im Lehfeld, dort gibt es viel Grün rundherum. Unser Projekt in der Karpfangerstraße ist sogar von der N-Bank ausgezeichnet worden. Wohnraumförderung heißt für uns auch die Modernisierung von Bestandsimmobilien.

Weil Sie das Lehfeld ansprechen: Das genießt in Cuxhaven nicht den besten Ruf, war lange ein Brennpunkt. Ich habe von mehreren Seiten gehört, dass es dort noch immer zu Problemen etwa mit der Müllentsorgung kommt. Wie nehmen Sie das wahr?

Miesner: Ich sehe das Problem nicht. Wir haben dort im Lehfeld nicht viele Mieterwechsel, die Menschen wohnen gerne dort. Es gelingt uns schnell dort, die Wohnungen neu zu belegen. Oft spricht es sich schnell herum, wenn eine Wohnung frei ist und wir bekommen Anfragen von Menschen, die genau in diesem bestimmten Gebäude leben wollen. Wir bekommen zurückgespiegelt, dass das Lehfeld viele Vorteile hat, weil es stadtnah gelegen ist. Das Thema Müll spielt zwar eine Rolle, ist aber deutlich besser geworden, seitdem es nicht mehr die gelben Säcke gibt, die überall herumfliegen. Auch da arbeiten wir an einer Lösung, beispielsweise an einem Unterflur-Müllsystem. Und wir bitten unsere Mieter immer, uns Bescheid zu sagen, wenn jemand seinen Müll illegal ablegt.

Brand-Schönau: Es gibt schon einen gesellschaftlichen Wandel, so wollen sich häufig weniger Menschen um das Treppenhaus kümmern. Wir arbeiten daran, auch mit Hilfe einer Sozialarbeiterin.

Miesner: Wir versuchen, als Wohnungsgesellschaft für unsere Mieter da zu sein, die Hausgemeinschaften zusammen zu bringen, etwa auch durch das Quartiersbüro. Aber wir merken auch, dass die Leute vielleicht auch durch die Pandemie, dünnhäutige geworden sind – etwa wenn sie sich über das Kind über im Hause beschweren, dass vor der Pandemie eben viel mehr draußen gespielt hat.

Wie lange wohnen die Menschen denn bei Ihnen?

Miesner: Im Schnitt weit über zehn Jahre. Kündigungen vor dem Ablauf von fünf Jahren sind eher die Ausnahme. Die häufigsten Gründe für eine Kündigung sind Umzüge in eine neue Stadt, wenn die Familiengröße sich ändert oder Trennungen. Das hat in der Tat zugenommen. Grundsätzlich möchten die Menschen aber gerne bis zum Lebensende in ihren Wohnungen bleiben und wir haben auch sehr großes Interesse daran, die Mieter ein Leben lang zu halten.

Wie sinnvoll ist das wirtschaftlich? Ein Bestandsmieter zahlt ja wahrscheinlich deutlich weniger Miete als ein Neukunde, oder?

Miesner: Grundsätzlich ja. Aber unsere Mietpreiserhöhungen passieren mit Augenmaß. Für Bestandswohnungen haben wir seit 2012 die Mieten nicht erhöht.

Brand-Schönau: Wenn wir Wohnungen sanieren, wird der Mietpreis schon angepasst, aber moderat. Für Bestandsmieter nehmen wir dann einen geringen Aufschlag von wenigen Prozent, bei Neumietern etwas mehr.

Miesner: Das ist ein großer Unterschied zwischen uns und kommerziellen Anbietern, die deutlich mehr Prozentpunkte auf den Mietpreis nach einer Sanierung aufschlagen.

Wie kann ich denn bei Ihnen Mieter werden?

Miesner: Wichtig ist, dass Sie sich bei uns als Interessent registrieren. Unsere Mitarbeiter schauen dann nach individuellen Lösungsmöglichkeiten für sie.

Wie lange steht man denn in der Regel auf der Interessentenliste?

Miesner: Rechtlich dürfen Sie aus Datenschutzgründen nicht länger als sechs Monate bei uns gelistet sein. In der Regel geht die Vermittlung aber deutlich schneller. Unsere Mitarbeiter versuchen bei der Auswahl der Interessenten die individuelle Lage zu berücksichtigen, fragen nach den Familienverhältnissen und versuchen dann, eine individuelle Lösung zu finden.

Brand-Schönau: Es ist schon auch das Engagement der Suchenden entscheidend, nur so können wir herausfinden, was derjenige möchte.

Miesner: Wir laden alle, die sich bei uns – über welchen Kanal auch immer – melden, ein und besprechen, was sie für eine Wohnung suchen, um auf individuelle Bedürfnisse einzugehen.

Das heißt, auch als Geringerverdiener womöglich mit Kindern, Migrationshintergrund und Haustier habe ich bei Ihnen keinen Nachteil?

Miesner: Bei uns nicht, nein. Wir dürfen unsere Mieter nicht nach solchen Kriterien auswählen, das macht keinen Unterschied. Die einzige Ausnahme ist vielleicht, wenn wir wissen, dass jemand systematisch Wohnungen demoliert, der hat es auch bei uns schwer.

Theorie und Praxis sehen aber in Wahrheit oft anders aus – in Bremen hat auch ein kommunales Wohnungsbauunternehmen seine Bewerber kategorisiert, etwa nach Migrationshintergrund und Einkommen.

Miesner: Das haben wir im Verband sehr kontrovers diskutiert und ich habe mich sehr darüber geärgert, weil uns dieses Beispiel das Leben schwer macht. Ich lege sehr großen Wert darauf, dass wir als Siedlungsgesellschaft das in Cuxhaven anders machen, als viele kommerzielle Anbieter. Das Thema, niemanden zu diskriminieren spielt für uns eine große Rolle.

In Cuxhaven hört man schon oft, dass man schneller eine Wohnung bei der Siedlung bekommt, wenn man einen Ihrer Mitarbeiter persönlich kennt, dass viel unter der Hand vergeben wird.

Miesner: Gehört haben wir das auch schon oft, aber wir können uns das nicht erklären. Wer davon weiß, sollte sich bei uns melden und Ross und Reiter benennen. Wir haben unsere Prozesse angeschaut und können diese Gerüchte nicht nachvollziehen.

Es gibt auch Unzufriedenheit darüber, dass Sie Monate brauchen sollen, um die Mietkaution zurück zu zahlen.

Miesner: Es gibt Einzelfälle, in denen die Rückzahlung länger dauert, das hängt dann aber häufig mit dem Zustand zusammen, in dem die Wohnung an uns zurückgeben wurde.

Brand-Schönau: Außerdem müssen wir die Betriebskostenabrechnung  abschließen, bevor wir die Kaution zurückzahlen,

Miesner: Wir haben leider in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass wir sonst den Nachzahlungen hinterherlaufen. Wir raten Mietern, die solche Probleme haben, sich immer direkt an uns zu wenden. Wir haben eine Mitarbeiterin, die sich ganz hervorragend um individuelle Lösungen kümmert.

Brand-Schönau: Wichtig ist eben, dass wir von den Problemen wissen, sonst können wir sie nicht lösen.

In welchem Zustand übergeben Sie denn die Wohnungen in der Regel?

Miesner: Die sind komplett modernisiert, das heißt gestrichen, die Bäder neu. Nur der Bodenbelag ist in der Regel nicht dabei. Das ist ein sehr individuelles Thema bei dem jeder andere Vorstellungen hat, da können die Mieter ihre eigenen Wünsche umsetzen.

Aber das ist gerade für Menschen mit wenig Geld eine hohe Hürde. Hält man so nicht vielleicht auch Klientel mit weniger Geld fern?

Miesner: Wenn jemand Schwierigkeiten hat, finden wir Lösungen. Auch das unterscheidet uns von kommerziellen Anbietern. So gibt es beispielsweise die Möglichkeit, die Kosten für den Bodenbelag auf die Miete umzulegen und ihn so abzubezahlen.

Es klingt jetzt so, als müssten Sie keinen Gewinn machen, das müssen Sie aber schon, oder?

Miesner: Wir wollen keinen Verlust machen.

Brand-Schönau: Das Limit ist das vorhandene Kapital der Gesellschaft. Mit dem müssen wir wirtschaftlich umgehen. Natürlich wollen wir Geld verdienen, aber alles was wir erwirtschaften, fließt auch wieder in die Wohneinheiten zurück.

Miesner: Aber wir sind im Gegensatz zu manch kommerziellem Anbieter nicht an Gewinnmaximierung auf Kosten der Mieter interessiert. Wenn es nach mir ginge, würden nur wir nur zusammen mit unseren genossenschaftlich organisierten Kollegen Wohnraum in Cuxhaven anbieten.

Wäre nicht angesichts der hohen Nachfrage eine Option, Wohneinheiten von anderen Anbietern zu kaufen?

Miesner: Die großen kommerziellen Gesellschaften sind nicht daran interessiert. Die wollen Ihre Liegenschaften nur zu völlig überzogenen Preisen verkaufen und das übersteigt unsere finanziellen Möglichkeiten. Wir tragen uns eher mit dem Gedanken, neuen Wohnraum zu bauen.

Aha, wo denn in Cuxhaven?

Miesner: Das verrate ich Ihnen, wenn die Planungen und Abstimmungen weiter voran geschritten sind, noch ist nichts spruchreif.

Zurück zu den Mietinteressenten: Wie viele Anfragen bekommen Sie pro Wohnung und wann machen Sie einen Besichtigungsstopp?

Miesner: Das hängt sehr von der Wohnung ab, der Größe und der Lage. Aber wenn wir merken, eine Wohnung hat schon 15 Interessenten, machen wir da schon auch erstmal eine Pause. Wir empfehlen immer, sich als Interessent bei uns listen zu lassen und dann die Besichtigung gemeinsam mit unseren Mitarbeitern wahr zu nehmen. Dann kennt man sich schon mal und der individuelle Bedarf kann besser abgesteckt werden.

Aber ich weiß von Fällen, in denen einfach die Nummer der aktuellen Mieter weitergegeben wurde, der Interessent sich die Wohnung angeschaut hat, Interesse bekundet hat bei Ihren Mitarbeitern und dann tage- oder wochenlang nichts mehr gehört hat.

Miesner: Das ist eigentlich unübliche Praxis bei uns. Wir sehen es auch als unsere Aufgabe, neue Mieter in ihren Rechten zu stärken. Es kommt schon häufiger mal vor, dass Mieter, die ihre Wohnung gekündigt haben, versuchen, ihre Küchen oder Bodenbeläge zu teuer an den Nachmieter weiterzugeben. Wenn wir dabei sind, können wir den Neumieter dann schützen. Dafür haben wir  eine Mannschaft, die den Großteil des Tages damit verbringt, mit Kunden Besichtigungen vor Ort durchzuführen. In der Regel machen unsere Mitarbeiter zwischen fünf und mehr Besichtigungen am Tag.

Wo möchten die meisten Menschen in Cuxhaven wohnen?

Miesner: Wir verzeichnen die größte Nachfrage für die Stadtmitte, Döse, das Musikerviertel und auch das Lehfeld, weil das zentral gelegen ist. Beispielsweise wohnen dort viele Beschäftigte der Offshore-Wirtschaft, weil sie von dort schnell ihren Arbeitsplatz erreichen können. Wir sind sehr dankbar, dass es gelungen ist, eine Buslinie wieder im Lehfeld zu etablieren. Jetzt fehlt noch ein Nahversorger.

Ansprechpartnerin

Wiebke Buckmann

Gorch-Fock-Straße 29
27472 Cuxhaven

Telefon: 04721 558-124
E-Mail: info@siedlung.de